Laufen mit allen Sinnen

Diese neue Folge widme ich allen Läuferinnen und Läufern. Laufen ist gesund, die frische Luft pustet den Kopf frei, die Bewegung pumpt Glückshormone durch unseren Körper und doch fühlt sich so mancher Lauf nicht hundertprozentig entspannt an.


Die Gründe dafür sind vielfältig: Vielleicht steckst du mitten in der Wettkampfvorbereitung und konzentrierst dich voll auf dein Tempotraining. In welcher Umgebung du deine Intervalle oder Steigerungsläufe absolvierst, ist dir dann vollkommen egal. Du achtest ausschließlich auf den Puls und Pace, die dir deine Laufuhr anzeigen. Was um dich herum und in deinem Körper passiert, nimmst du kaum wahr.


Oder du lässt dich während deines Laufes von deinen Gedanken mitreißen: Wie war nochmal das Gespräch mit meiner Chefin heute? Was muss ich noch erledigen? Ich darf nicht vergessen, noch einkaufen zu gehen… Wenn du zu Hause ankommst, ist es deiner Aufmerksamkeit vollkommen entgangen, wie gelb der Raps blüht, wie schön sich die herbstlichen Blätter verfärbt haben, oder wie sich die untergehende Sonne in den Pfützen spiegelt.


Im besten Fall hast du einfach eine wunderbare Möglichkeit verpasst, deinen Lauf achtsam zu genießen. Im schlechteren Fall merkst du nicht, dass du dich überanstrengst, dass es irgendwo beginnt zu zwicken und du besser einen Gang hättest runterschalten sollen.

Gestalte deinen Lauf wie eine Meditation


Wie wäre es, deinen Lauf mit allen Sinnen achtsam wahrzunehmen? Deinen Lauf wie eine Meditation zu gestalten?


Die Gehmeditation ist ein gutes Beispiel dafür, wie das funktioniert. Ich habe sie vor ein paar Jahren während meines Aufenthalts in einem Zen-Kloster für mich entdeckt. Jeden Mittag sind wir achtsam durch den nahegelegenen Wald gegangen, schweigend, uns auf jeden Schritt, jeden Atem, jedes Geräusch, jeden Geruch und jede Farbe um uns herum konzentrierend. Außerdem war die Gehmeditation, auch Kinhin genannt, Bestandteil einer jeden Meditation im Zendo, dem Meditationsraum. Zweimal 25 Minuten Zazen, also sitzendes Meditieren, wurde unterbrochen von 10 Minuten Kinhin.

„Kinhin funktioniert auch im Laufen“, sagte meine Zen-Meisterin mir. „Es ist dasselbe Prinzip, nur dass du dich schneller als beim Gehen fortbewegst.“ Das musste ich natürlich am nächsten Morgen ausprobieren. Und gleich vorweg: Es ist mir ganz und gar nicht leichtgefallen. Gehen und Laufen sind sehr natürliche Bewegungen, die wir meist auf Autopilot ausüben. Ich tat mich schwer damit, jeden Schritt im Rhythmus meines Atems wahrzunehmen, auf meinen Körper zu achten und auf meine Umwelt.


Mittlerweile bereichert der achtsame Lauf mein Training — auch und insbesondere in der Vorbereitung auf Laufwettkämpfe. Der sogenannte lange Lauf spielt eine große Rolle in der Halbmarathon- und Marathonvorbereitung, und er eignet sich hervorragend für eine Laufmeditation!


Um dir den Einstieg in die Laufmeditation zu erleichtern, habe ich dir eine 25-minütige Meditation aufgenommen. Ich werde dir in dieser Meditation immer wieder Impulse geben, um deine Achtsamkeit auf dich und deinen Lauf zurückzuführen. Wenn du länger als 25 Minuten laufen möchtest, versuche, den Rest des Laufs mit derselben Achtsamkeit zu absolvieren wie während der Meditation. Wenn du merkst, dass deine Gedanken abschweifen, bringe sie einfach sanft wieder zurück zu deinem Atem und deinen Schritten.

Ein Tipp: Lass deine Laufuhr mal zu Hause und hol dein Handy während des Laufs nicht raus.


Noch wirkungsvoller ist es, wenn du dein meditativen Lauf Revue passieren lässt, sobald du wieder zu Hause bist. Du kannst gerne diese Vorlage (pdf) dafür nutzen und deine Erfahrungen notieren. Wenn du das regelmäßig nach dem Laufen machst, kannst du vergleichen, wie sich deine Wahrnehmung und deine Achtsamkeit verändern.


Und nun viel Spaß beim achtsamen Laufen! Hör dir den Podcast hier an (Google Podcasts).

Lass deinen achtsamen Lauf Revue passieren.